Freitag, 26. Oktober 2012

Tötet uns alle, dann begrabt uns hier: Guarani-Appell vor Ausweisung


Eine Gruppe brasilianischer Indianer hat einen dramatischen Aufruf an die Regierung gerichtet, nachdem sie erfahren haben, dass ihnen die erneute Vertreibung von ihrem Land droht, auf das sie trotz Gewalt und Tod zurückgekehrt sind.

Die 170 Indianer gehören den rund 46.000 Guarani in Brasilien an. Sie haben mehrfach brutale Angriffe erlebt, seit sie auf ein kleines Stück ihres angestammten Landes zurückgekehrt sind. Das Gebiet der Indianer, bekannt als Pyelito Kuê/ M’barakai, ist momentan von einer Ranch besetzt. Die Indianer werden von den bewaffneten Männern des Viehzüchters umzingelt und haben nur geringen Zugang zu Nahrung oder Gesundheitsversorgung.

Vergangenen Monat hatte ein Richter eine Räumungsanordnung erlassen. Die Guarani erklären in einem Brief: “Diese Entscheidung ist Teil der historischen Vernichtung der indigenen Völker Brasiliens. Wir haben die Hoffnung verloren in Würde und ohne Gewalt auf unserem angestammten Land zu überleben … Wir werden alle bald sterben.”

“Wir wollen sterben und direkt hier mit unseren Vorfahren beerdigt werden. Deshalb bitten wir die Regierung und das Justizsystem, nicht unsere Vertreibung sondern unseren kollektiven Tod anzuordnen und uns hier zu begraben. Wir fordern ein für alle Mal unsere Ausrottung anzuordnen und mit Traktoren ein großes Loch für unsere Körper zu graben.”

“Wir haben entschieden, alle gemeinsam, hier nicht wegzugehen, tot oder lebendig.”

Seit der Wiederbesetzung sind bereits vier Guarani dieser Gemeinde gestorben: Zwei durch Selbstmord und zwei nach einem Überfall durch bewaffnete Männer.

Brasiliens Behörde für indigene Angelegenheiten FUNAI ist für die Kartierung und Abgrenzung des Guarani-Landes zuständig und hat erklärt, dass sie daran arbeitet, die Räumungsanordnung zu widerrufen.

Die lange Verzögerung der Kartierung hat dazu geführt, dass Tausende Guarani in überfüllten Reservaten und Lagern am Straßenrand leben und schlechten Zugang zu Nahrung, sauberem Wasser und Gesundheitsversorgung haben. Sie leiden unter einer der höchsten Selbstmordraten der Welt: Neue Statistiken der Regierung zeigen, dass in den letzten zehn Jahren im Durchschnitt ein Guarani pro Woche Selbstmord begangen hat.

Guarani-Anthropologe Tonico Benites erklärte: “Die Selbstmorde der Guarani nehmen zu und sind eine Folge der Verzögerung der Kartierung und Abgrenzung ihres angestammten Landes.”

Survival fordert dringend die Kartierung aller Guarani-Gebiete und dass ihnen erlaubt wird, auf ihrem Land zu bleiben, bevor mehr Menschen ums Leben kommen.

Survival Internationals Direktor Stephen Corry sagte heute: “Das Aussterben der indigenen Bevölkerung Brasiliens ist ein Schandfleck in der Geschichte des Landes. Es ist bedauerlich, dass ähnliche Grausamkeiten und Misshandlungen, die während der Kolonialzeit üblich waren, heute noch vom brasilianischen Rechtssystem unterstützt werden. Das herzzeireßende Appell der Guarani aus Pyelito könnte nicht deutlicher sein: Es lohnt sich nicht, ein Leben ohne ihr Land zu führen, weil es zu sehr von Elend und Leid geprägt ist. Brasilien muss handeln, bevor es zulässt, dass ein weiteres seiner indigenen Völker vernichtet wird.”

Brasilien soll mit Ronaldo abnehmen


Brasilien ist auf dem Weg, die USA als dickste Nation abzulösen. Der Ex-Weltfußballer Ronaldo will deshalb Vorbild von Millionen werden: In einer TV-Show nimmt er ab.



Der Dicke, o gordo, wurde Ronaldo schon zum Ende seiner Karriere gerufen. Nach seinen 400 Toren für den FC Barcelona, Real Madrid, den AC und Inter Mailand, nach drei Goldenen Bällen für den Weltfußballer des Jahres und nach den WM-Pokalen 1994 und 2002 ließ es Ronaldo zurück im heimischen Brasilien etwas gemütlicher angehen. Hinzu kam eine Schilddrüsenerkrankung, die den Spieler, der einst so schnell und trickreich war, dass er den Beinamen o fenômeno bekam, ebenso phänomenal aufschwemmte.

Eigentlich soll Ronaldo mithelfen, die WM 2014 rund zu machen, er sitzt im Aufsichtsrat des lokalen Organisationskomitees. Doch bei 118,4 Kilogramm, verteilt auf 1,84 Meter, 25,5 Prozent Fettanteil, 107 Zentimetern Bauchumfang und einem Cholesterinwert von 283 wird jeder Schritt auf einer Stadionbaustelle zur Qual. Mit einem errechneten Body-Mass-Index von 35 ist Ronaldo damit nicht übergewichtig, sondern adipös, fettleibig also.

Ronaldos Diagnose kennt ganz Brasilien, weil beim ärztlichen Check Millionen Zuschauer live dabei waren. In einer Fernseh-Sendung des TV-Unternehmens Globo soll das Dickerchen öffentlich abnehmen. Medida Certa (Das richtige Maß) heißt die Show. Drei Monate lang können die Brasilianer zusehen, wie ihr einstiger Vorzeigestürmer schwimmt, joggt, läuft, boxt und radelt. Im Blog zur Sendung kann der Fortschritt des Diätwilligen täglich kontrolliert werden. 18 Kilo will Ronaldo verlieren. Dabei beschönigt er nichts: "Die Waage – ein Trauma", sagte der 36-Jährige neulich, und: "Ich hasse Tomaten."

Dem Süßen verfallen

Sätze, die viele Brasilianer unterschreiben würden. Das Land hat nicht von ungefähr eines seiner berühmtesten Wahrzeichen Zuckerhut genannt. Die Brasilianer sind allem Süßen verfallen. Das landesübliche Kaffeegetränk, der Cafezinho, besteht zur Hälfte aus Zucker, der Verkauf süßer Brausen hat sich in den vergangenen Jahren vervielfacht, auf ohnehin süßes Obst wie Ananas oder Papayas wird gerne noch ein wenig Zucker gestreut. Gemüse ist verpönt.

2005 hatte bereits eine Studie des Statistischen Amtes IBGE gezeigt, dass 40 Prozent aller erwachsenen Brasilianer übergewichtig waren. Jeder Zehnte war fettleibig. Ein Aufschrei ging durch das Land. Die Bikinimädchen und waschbrettbäuchigen Volleyballer an Brasiliens Stränden, die Sehenswürdigkeiten des Landes also, seien in Gefahr. Es wurden gar Einbußen im Tourismus erwartet, nachdem die New York Times über die brasilianische "Fettsuchtepidemie" geschrieben hatte.

Lokale Kommentatoren konterten sofort, das angeblich vom Aussterben bedrohte Girl from Ipanema sei nie gertenschlank gewesen, sondern habe schon immer den "Körper einer Gitarre" gehabt. Der damalige Präsident Lula da Silva zweifelte gar die Zahlen der IBGE an. Nicht nur weil er sich selbst bei einem prüfenden Blick in den Präsidentenspiegel zumindest zur Gruppe der Übergewichtigen hätte zählen müssen, sondern weil diese Zahlen seinem größten Anliegen, dem Kampf gegen Hunger, förmlich zuwider liefen. Vor allem Kinder seien immer noch unterernährt und tauchten in der Statistik nicht auf, bemängelte der Präsident zurecht.

Hunger und Übergewicht schließen sich in Brasilien nicht aus

Es passt aber zu Brasilien, dem Land der Kontraste – arm und reich, schön und hässlich, rassistisch und tolerant –, dass sich auch Hunger und Übergewicht nicht ausschließen. Es sind vor allem die Armen, die sich falsch ernähren, weil Gemüse und vitaminreiche Nahrung in dem südamerikanischen Land verhältnismäßig teuer sind. Mittlerweile aber sterben mehr Menschen an den Folgen des Übergewichts als an Unterernährung.

In diesem Jahr wurden neue Zahlen veröffentlicht. Mittlerweile sind fast 49 Prozent der Brasilianer übergewichtig, 15,8 Prozent sind wie Ronaldo fettleibig. Damit haben es die Südamerikaner binnen kürzester Zeit fast auf deutsches Niveau geschafft (2009: 51 Prozent übergewichtig, 15 Prozent adipös). Der Gesundheitsminister warnt vor dem schlechten Vorbild USA. Experten schätzen, Brasilien könnte in zehn Jahren den Nordamerikanern ihren Platz als dickste Nation der Welt streitig machen, sofern der Trend anhält.

Es ist Brasiliens neuer Wohlstand, der für das Wachstum der unerwünschten Art sorgte. Vor siebzig Jahren lebten achtzig Prozent der Brasilianer auf dem Land und arbeiteten körperlich. Mittlerweile leben achtzig Prozent in Städten, die so zugebaut sind, dass es kaum Platz für Parks und Sportanlagen gibt. Fahrradfahren ist in Rio de Janeiro und São Paulo nur Lebensmüden zu empfehlen. Außerdem lassen sich die Brasilianer ohnehin lieber von Telenovelas bewegen als von Sportgeräten.

Wenn in Brasilien dann gegessen wird, dann richtig: entweder Fast-Food, dessen Produzenten den aufstrebenden Markt Brasilien für sich entdeckt haben; oder die auch nicht gerade magere, traditionelle Küche. Das brasilianische Nationalgericht ist die üppige Feijoada, gepökeltes und gedörrtes Schweinefleisch mit schwarzen Bohnen und Reis. In Rodizio-Restaurants bringt der Kellner solange den gewaltigen, sich drehenden Fleischspieß an den Tisch, bis der Gast sein Signalkärtchen von grün auf rot stellt – oder der Magen platzt.

Gut bezahltes Abnehmen

Ronaldo soll jetzt Abhilfe schaffen. Der einst beste Fußballer der Welt wird von den Brasilianern noch immer geliebt, nun eben wegen der  Pfunde, die er verlieren wird. Er wolle ein Vorbild für alle sein, die abnehmen wollten, sagte er zu Beginn der Schlankmach-Sendung. Und machte sich und seinen Landsleuten Mut. "Ich glaube nicht, dass es einfach wird. Wer schon einmal versucht hat, abzunehmen, weiß, wie viel Willen es braucht, um das zu schaffen."

Ganz uneigennützig macht Ronaldo das Ganze übrigens nicht. Umgerechnet 2,25 Millionen Euro bekommt o gordo laut einem Zeitungsbericht fürs öffentliche Abspecken. Bei 18 Kilo wären das pro 1.000 Gramm etwa 125.000 Euro. Dafür kann man schon mal eine Weile Tomaten essen.

Neue Energie für Brasilien aus Bio-Resten

(BPP) Die rheinland-pfälzische Wirtschaftsministerin Eveline Lemke gab in Bento Gonclaves, in der brasilianischen Provinz Rio Grande do Sul, gemeinsam mit Landtagspräsident Joachim Mertes den Startschuss für ein einzigartiges Pilotprojekt: Aus Reststoffen des Weinbaus (Trester) werden Pellets zum Heizen gefertigt und das geschieht mit einer kleinen Maschine made in Rheinland-Pfalz.

Die Idee dazu wurde vor drei Jahren von der landeseigenen rheinland-pfälzischen AgroScience GmbH für Brasilien entwickelt. Jetzt wurde gemeinsam mit Vertretern der Region Rio Grande do Sul, Kooperationspartnern und der Wirtschaftsdelegation aus Rheinland-Pfalz in einer Weingenossenschaft, der Vinícola Aurora, die kleine Pilotmaschine aus Rheinland-Pfalz in Betrieb genommen.

Lemke: „Dieses Pilotprojekt soll Strahlkraft in die Region entwickeln. Profitieren können über 1000 Familien.“ Gebaut hat die kleine Maschine, die aus Trester Pellets herstellt, der Westerwälder Unternehmer Guido Posch; dabei wurde er mit Fördermitteln des Landes unterstützt. Sein Ziel ist es, vor Ort mit dem Prinzip „Aus Abfall wird Energie“ zu überzeugen und dann große Pellets-Verarbeitungsanlagen nach Brasilien zu verkaufen.

„Die Anlage zeigt, wie man praktisch Probleme lösen kann, schließlich müssen wir dafür sorgen, dass wir im Einklang mit der Umwelt Mehrwert schaffen. Das geschieht hier“, betonte Beto Grill, Vizegouverneur der Region. In einem ausführlichen Gespräch informierte ihn Ministerin Lemke über weitere Unternehmensideen aus Rheinland-Pfalz, die für Brasilien interessant sein könnten. Beide zeigten sich überzeugt: Es wird noch viele Geschäfte zwischen unseren Regionen und Ländern geben.

Das Projekt

Ziel des Projektes ist die Energiegewinnung aus bisher ungenutzten Reststoffen der Weinindustrie. Hierzu steht auf dem Weingut „Vinícola Aurora“ in enger Kooperation mit lokalen öffentlichen Organisationen, wie Proamb, Unternehmen und Verbänden eine Pilotanlage, die der Herstellung von Energie-Briketts aus Traubentrester dient.

Der jährliche Anfall von Reststoffen aus der Produktion von 285 Millionen Litern Wein aus der Region Serra Gaucha stellt für das Unternehmen jedes Jahr erneut eine Herausforderung dar. Bei der Pilotanlage handelt es sich in erster Linie um die Brikettierung von Weinnebenprodukten. Im weiteren Verlauf ist die Verarbeitung anderer agroindustrieller Reststoffe, wie z.B. Bagasse (Reststoffe der Zuckerrohrindustrie), jedoch nicht ausgeschlossen.

Die Koordination der Kooperation mit den brasilianischen Partnern, dem Know-How- und Technologietransfer übernimmt das Forschungsinstitut RLP AgroScience GmbH. Das Unternehmen wird die langjährigen Erfahrungswerte im Bereich energetischer Verwertung von Abfällen und Reststoffen in der Agrarwirtschaft und Lebensmittelindustrie in vollem Umfang einbringen.

Die steigende Bevölkerungszahl Brasiliens wird den Energiebedarf im Land substanziell erhöhen. In Anbetracht dieser Tatsache ist es dringend erforderlich, fossile Brennstoffe des weltweit fünftgrößten CO2-Produzenten durch nachhaltige Energien zu ersetzen. Hierbei bietet sich eine energetische Nutzung bisher nicht genutzter Rest- und Abfallstoffe, wie z.B. die Pressrückstände aus der Weinproduktion (Trester), an. Mit Hilfe der in Europa entwickelten Technik der Brikettierung können solche bisher ungenutzten Ressourcen kostengünstig und umweltschonend als Alternative zu fossilen Brennstoffen in Energie umgewandelt werden.

In der Region Serra Gaúcha werden jährlich 571 Millionen Kilogramm Weintrauben produziert, infolgedessen fallen rund 135.214 Tonnen Trester mit einem Energiegehalt von rund 200 GWh an. Da aufgrund neuster Erkenntnisse die landbauliche Verwertung von Trester den Pilzbefall begünstigt, ist die Verwendung als Dünger nicht empfehlenswert. Auch die Entsorgung ist aufwendig und kostspielig. Demzufolge ist es die finanziell rentabelste Lösung, den Trester in Form von Briketts zu nutzen, da sich mögliche Entsorgungskosten aufheben und der Verkauf der Briketts zusätzlich Gewinn erwirtschaftet. Die Nutzungsmöglichkeiten der Briketts sind vielfältig. Neben der dezentralen Wärmeproduktion in privaten Haushalten wird zudem die Produktion des weltweit steigenden Bedarfs an Bioethanol unterstützt, indem die bei dem Herstellungsprozess erforderliche Wärme kostengünstig zur Verfügung gestellt werden kann. Weiterhin kann dieser Brennstoff in Heizkraftwerken zur Stromproduktion  eingesetzt werden.

Stefanie Mittenzwei
Pressesprecherin
Ministerium für Wirtschaft, Klimaschutz, Energie und Landesplanung,
Tel. 06131/16-2550

Ruth Boekle
Pressesprecherin
Ministerium für Wirtschaft, Klimaschutz, Energie und Landesplanung
Tel. 06131/16-2549

Neue Energie für Brasilien aus Bio-Resten

Dokumentation "Notícias de uma Guerra Particular"

Hallo,

heute möchte ich Euch gerne eine Doku mit dem Namen "Notícias de uma Guerra Particular" vorstellen. Die brasilianische Doku aus dem Jahr 1999, welche von João Moreira Salles und Kátia Lund produziert wurde, bildete die Vorlage für das Buch "Abusado - O dono do Morro Dona Marta", auf welches ich in einem späteren Post noch näher eingehen werde.

Die Doku stellt meiner Meinung nach sehr gut das Dilemma der Menschen in den Favelas dar, warum sich diese oftmals für das Drogenbusiness entscheiden und im Leben außerhalb der Favelas keine Chance bekommen.

Die Doku wurde mehrmals in Brasilien ausgezeichnet und zeigt auf schonungslose Art Weise, wie das Leben in den 90er Jahren in Rio de Janeiro durch den Drogenhandel beeinflusst wurde. Absolut empfehlenswert!


Dienstag, 23. Oktober 2012

Brasilianische Sounds #3

Nach langer Zeit bin ich wieder da...Brasilianische Sounds #3! Aproveitem!




BMW - Viva Brasil!


Raus aus dem kriselnden Europa, auf in die neue Welt: Anfang dieser Woche will BMW ein neues Werk in Südamerika ankündigen. Mehr als 200 Millionen Euro will der Münchner Auto-Konzern investieren
Von Thomas Fromm

München - Europa treibt ihn um in diesen Tagen. Europa, immer wieder Europa. 'Wir planen für das Beste und das Schlechteste', sagte BMW-Vertriebschef Ian Robertson neulich bei der Pariser Automesse. Und vergangene Woche, als der Autokonzern sein Ausstellungs- und Auslieferungszentrum BMW-Welt am Münchner Olympiapark feierte, war der Manager schon früh in die Halle gekommen. Wie denn so die Stimmung sei, wird er gefragt. 'Das Glas ist halb', sagt er da nur. Weder halb voll noch halb leer. Einfach nur: halb.

'Es ist gut möglich, dass die europäische Krise in den nächsten Monaten schlimmer werden wird', sagt er. Erst 2014, vielleicht auch erst 2015, könne sich die Lage wieder beruhigen. 'Europa müssen wir daher mit anderen Märkten ausbalancieren', sagt der BMW-Mann.

Die Sache mit dem Ausbalancieren, das ist es, was den Job in diesen Wochen noch internationaler macht als sonst. Robertson war in Damaskus, weil er genau wissen wollte, warum der syrische Markt nicht mehr funktioniert. Er war in der Türkei, um zu hören, was die Leute dort über Syrien sagen. Er will wissen, was in Italien los ist, warum der Automarkt dort immer mehr einbricht, zuletzt um bis zu 20 Prozent im Monat. Trifft IWF-Chefin Christine Lagarde zum Essen. Weiter nach China, Indien, den arabischen Raum. Und dazu die Wahlen in den USA. Mitt Romney oder Barack Obama? 'Die USA stehen vor großen Einschnitten, das kann uns auch betreffen', sagt Robertson. Zuletzt empfing der Manager spanische BMW-Händler in den Münchner Konzernbüros. Schwere Entscheidungen stehen an. 'Es ist klar, dass nicht alle Händler die Zukunft vor sich haben, die sie gerne erwarten', sagt er. Der Job des Konzernvertriebschefs ist eben nichts für sentimentale Typen. Das Geschäft ist hart, vor allem in Zeiten der Euro-Krise. Denn noch verdient BMW gut. Ob dies auch so bleibt, hängt auch von der Lage in Europa ab.

Es sind Tage, an denen der Automanager Robertson sein Geschäft neu denken muss. Tage, an denen es einen ganzen Konzern in neue Märkte treibt. Zum Beispiel nach  Brasilien. Ein Hoffnungsmarkt für eine angeschlagene Branche. Die sechstgrößte Volkswirtschaft, in der gerade die Hersteller von teuren Oberklasse-Autos das große Geschäft wittern. Wären da nicht die großen Importzölle, die die brasilianische Regierung auf luxuriöse Importwaren wie Premiumwagen erhebt. Zölle, die einen Großteil des Gewinns eines Autoherstellers wieder abschöpfen. Von einem 'massiven Hemmnis, das den Marktzugang erschwert', spricht man beim Verband VDA.

Ein von der dortigen Regierung durchaus kalkulierter Weg, dies zu umgehen: Konzerne wie BMW müssen ihre Autos vor Ort produzieren, statt sie ins Land zu bringen. Lange hatten die Münchner mit den Behörden in Sao Paulo über Details des Standorts verhandelt, jetzt steht eine Lösung kurz bevor.

Schon an diesem Montag könnte der Hersteller nach SZ-Informationen den Bau seiner ersten Fabrik in dem südamerikanischen Land bekannt geben. Für das Unternehmen, das im Münchner Westen begann, seine Autos in Dingolfing und Regensburg schraubt und Werke in Südafrika, den USA, China und Indien hält, ist dies ein weiterer Schritt auf dem Weg zu einem weltweit produzierenden Konzern. Aus Unternehmenskreisen heißt es, es würden 'mehr als 200 Millionen Euro' in dem Schwellenland investiert, in dem dann an die fünf Modelle gebaut werden sollen - darunter auch eines der Kleinwagenmarke Mini. Im Vergleich zu anderen Werken, etwa des US-Werkes Spartanburg, wo an die 300000 Autos im Jahr produziert werden, wird das Werk in  Brasilien erst einmal überschaubar sein: An die 20000 Autos, so die Planungen der Münchner Strategen, sollen hier demnächst vom Band laufen. Allerdings: Sollte sich der Markt stärker entwickeln, könne man jederzeit die Produktion aufstocken, heißt es im Konzern. Wie das geht, macht der Wolfsburger Rivale Volkswagen schon seit Jahrzehnten vor: In den 50er Jahren des vorigen Jahrhunderts zog es VW an den Zuckerhut, heute baut Europas größter Hersteller dort an die 800000 Fahrzeuge. Auch Fiat, General Motors, Renault und Ford sind traditionell mit Produktionsanlagen in  Brasilien vertreten.

Doch nicht nur die Hersteller treten im Wettbewerb gegeneinander an. Auch die Standorte selbst.

Neben  Brasilien ist vor allem Mexiko ein beliebter Standort für die großen Autokonzerne. Das Land, Mitglied des Nordamerikanischen Freihandelsabkommens (Nafta), ist für die Hersteller ein wichtiger Exporteur für den Verkauf von Autos in die USA. Hier will der Ingolstädter Wettbewerber Audi für rund eine Milliarde Euro ein neues Werk bauen. Geplant ist unter anderem, dort den Nachfolger des Geländewagens Q5 zu bauen. Audi in Mexiko, BMW in  Brasilien - die bayerischen Autorivalen verfolgen sich bei ihrem Weg aus Europa hinaus. Bis nach Südamerika.

Dienstag, 15. Februar 2011

ThyssenKrupp macht Zugeständnis an Umweltamt

Der Stahl- und Industriegüterkonzern ThyssenKrupp sieht sich in seinem brasilianischen Stahlwerk zu Zugeständnissen gegenüber den Umweltbehörden gezwungen. Die dortige Tochter CSA investiere zusätzliche 45 Mio. Euro in Anlagen zur Emissionsvermeidung, bestätigte ein ThyssenKrupp -Sprecher auf Anfrage. Geplant seien eine Entstaubungsanlage für das Roheisenabkühlungsbecken und ein zweites Kransystem. Die Projekte seien im Dezember verabschiedet worden.

Die Umwelt- und Anlaufprobleme der neuen Stahlwerke schlagen sich immer spürbarer in der Bilanz nieder. In seinem am Freitag veröffentlichten Quartalsbericht musste ThyssenKrupp die Prognose für den Jahresverlust der neuen Stahlwerke in Brasilien und dem US-Bundesstaat Alabama revidieren: Statt eines Minusbetrags in mittlerer dreistelliger Millionenhöhe vor Zinsen und Steuern (Ebit) erwartet der Vorstand nun einen Verlust im höheren dreistelligen Bereich.

Der neue Vorstandschef Heinrich Hiesinger begründete dies vor allem mit Verzögerungen bei der Inbetriebnahme der Kokerei, die zusätzliche Käufe teurer Kokskohle nach sich zögen.
Wegen sehr guter Geschäfte in den anderen Sparten kann Hiesinger die Konzernjahresprognose dennoch halten. Demnach soll das bereinigte Ebit auf rund 2 Mrd. Euro klettern nach 1,2 Mrd. Euro im Vorjahr.
Schwierigkeiten in Brasilien.

Die Probleme in Brasilien wirken sich inzwischen auf die gesamte Lieferkette aus. Da die neue Hütte wohl nur drei Millionen statt 3,5 Millionen Tonnen Rohstahl produzieren werde und auch den Standort Duisburg beliefere, müsse der Konzern mehr Rohstahl extern zukaufen, sagte der scheidende Finanzchef Alan Hippe. "Löst die Schwierigkeiten in Amerika - und eine Menge Dinge im Konzern sind geklärt", sagte Hippe zum Abschied in einer Telefonkonferenz.

Hiesinger betonte in seinem ersten Quartalsbericht, der Schuldenabbau habe "höchste Priorität". Daneben werde er das Technologiegeschäft stärken, um vom Stahlzyklus unabhängiger zu werden. 
 
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